Patenschaft für Erinnerungsstein

Erstellt von A. Keggenhoff |

Am 08.04.2016 wurden in Werl die ersten „Erinnerungssteine“ zum Gedenken an die deportierten und ermordeten Werler Juden enthüllt.

Die Schülerinnen und Schüler des Faches Praktische Philosophie haben sich mit diesem Thema beschäftigt und beschlossen, die Patenschaft für einen Erinnerungsstein zu übernehmen. Die Kosten wurden von den Schülern, Integrationshelfern und Lehrern des Jahrgangs 8 übernommen.

Zur feierlichen Enthüllung kamen der Bürgermeister, Mitglieder des Werler Rates und viele interessierte Werlerinnen und Werler. Schülerinnen und Schüler der Philosophiekurse waren natürlich ebenfalls anwesend. In der Buntekuhstraße wurden Erinnerungen an die einstigen Bewohner vorgelesen und eine Rose an jedem Stein abgelegt.

Der von unseren Schülerinnen und Schülern gestiftete Stein befindet sich in der Buntekuhstraße vor dem Haus Nr. 5. Er soll an die Werlerin Eva Jenny Emmi Halle erinnern, die hier bis zu ihrer Deportation lebte.

 

EVA JENNY EMMI HALLE

Eva Halle geb. Schürmann wurde am 4. März 1891 in Scheidingen geboren. Ihre Eltern waren Mina Schürmann geb. Schürmann und der Händler Heinemann Schürmann. Deportation ab Dortmund am 30. April 1942 nach Zamosc, Ghetto.

Bericht eines Zeitzeugen: „Ich habe meine Lehrzeit als Kaufmannslehrling in dem Lebensmittelgeschäft Fickermann an der Bäckerstraße (früher Gaststätte Herold-Brunnen), gemacht.

Neben dem Geschäft meines Lehrherren bestand in Werl noch das Lebensmittelgeschäft Mensing. Meine Lehrzeit fiel in die Zeit des Dritten Reiches. Häufiger Kunde in unserem Geschäft war u.a. die alte Jüdin Frau Halle, aus der gegenüberliegenden Buntekuhstraße, Frau Halle trug den damals üblichen Judenstern an ihrer Kleidung. Es ist häufig vorgekommen, daß Werler Bürgerinnen und Bürger bei der Anwesenheit der Frau Halle im Laden halblaut riefen: „Juden raus, Juden raus“. Ich könnte noch heute Namen derjenigen benennen, die diese Rufe gemacht haben, einige leben noch heute in Werl. Oftmals kam Frau Halle sehr spät in den Laden, da sie der Konfrontation mit den Werlern entgehen wollte. Wir konnten ihr oft nichts mehr verkaufen, da die Tagesrationen ausverkauft waren. Ich war damals zuständig für das Schneiden der Wurst und Käsebestände und habe dann oftmals die sogenannten Abschnitte in einer Tüte gesammelt (häufig mit einem Teil meiner Pausenbrote) und der Frau Halle zugesteckt.

Der alten Frau Fickermann blieb dies nicht verborgen, denn ich bemerkte, daß sie mein Tun sehr wohl beobachtet hatte, wandte sich aber immer schnell ab, und aus diesem Verhalten konnte ich erkennen, daß sie mein Tun deckte.

Frau Halle hat des öfteren bei der Übergabe meiner für sie gesammelten Rationen sowohl geweint als auch gelacht. Eines Tages sah ich, daß die Fenster der Wohnung der Jüdin Halle vernagelt waren und ich erfuhr, daß auch sie in ein KZ abtransportiert wurde…“ 

(Quelle: Stadtarchiv Werl, Slg. Bürger „H“.)

Die Informationen über Eva Jenny Emmi Halle wurden von Herrn Jolk zur Verfügung gestellt.

Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945

Lesen Sie dazu auch den Artikel des Soester Anzeigers vom 09.04.2016. Zudem gibt es eine Fotostrecke des Soester Anzeigers vom 08.04.2016 zum Thema.

 

 

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