"Berlin, Berlin... wir fahren nach Berlin!"

Erstellt von S. Seeger |

Die Abschlussfahrt führte den Jahrgang 10 vom 16. bis 20. Oktober 2017 in die Hauptstadt von Deutschland.

"Berlin, Berlin... wir fahren nach Berlin!" Mit diesem Schlachtruf auf den Lippen brachen am vergangenen Montagmorgen knapp 170 Schülerinnen und Schüler in unseren sieben Parallelklassen der Jahrgangsstufe 10 mit ihren jeweiligen Klassenlehrerteams zur einwöchigen Reise gen Bundeshauptstadt auf. Die erste Abschlussfahrt unserer noch jungen Schule sollte beginnen, und das bei durchgängig strahlend goldenem Oktoberwetter mit "T-Shirt-Qualitäten"!

Busfahrt in sieben verschiedene Hotels

Nach ziemlich genau sieben Stunden Busfahrt und circa 470 Kilometer östlich von Werl wurden wir auf die sieben Hotels in verschiedenen Berliner Stadtbezirken verteilt. Obwohl wir alle dasselbe Ziel hatten, also Berlin, waren die einzelnen Klassen kilometerweit auseinander untergebracht, ein Umstand, der dem Wunsch der meisten Schüler entsprach, damit der Klassenzusammenhalt nochmals verstärkt werden konnte.

"Abrocken" im "Matrix"

Dennoch gab es ein paar gemeinsame Programmpunkte, zu denen wir uns zusammenfinden konnten: So stand gleich am ersten Abend für die gesamte Stufe ein vierstündiger Discobesuch von acht bis zwölf Uhr nachts, von Team des D light organisiert, im angesagten Berliner Club "Matrix" an, wo zu schweißtreibenden Temperaturen, schummriger Beleuchtung und dröhnenden Beats kräftig getanzt wurde, natürlich auch unter reger Beteiligung der Lehrkörper...

Im ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen

Da war die Hälfte der Nacht programmgemäß schon mal vorbei, mit zum Teil halb- bis dreiviertelstündiger Rückfahrt zu den Hotels mit Bus, U- und S-Bahn sowieso, als am nächsten Tag ein ernsteres Thema als Pflichtprogramm für alle folgte: Der Besuch des ehemaligen Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen.

Klassenweise und zeitlich versetzt wurden wir von geschultem Personal durch die Anlage geführt. Besonders eindrucksvoll und erschütternd waren die Schilderungen während der Führung dann, wenn sie von ehemaligen Zeitzeugen erzählt wurden, die diese Rundgänge auch heute noch teilweise selbst durchführen und es ihnen sicherlich nicht immer ganz leichtfiel, zu einem Ort zurückzukehren, an dem sie über Monate, teilweise Jahre so viel Leid, Unterdrückung und Allmacht eines diktatorischen DDR-Regimes erfuhren. Und warum? Nicht etwa, weil sie Verbrecher im herkömmlichen Sinne waren, nicht raubten, stahlen, Menschen überfielen, entführten oder mordeten... nein, viele Inhaftierte in Hohenschönhausen wollten einfach nur aus der DDR fliehen oder kritisierten dieses Regime, wollten weg aus einem Staat, der ihnen kaum Freiheit bieten konnte, dessen Existenz sich auf allgegenwärtige Bespitzelung und umfassendes Misstrauen gründete, oftmals angefangen im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. Kurz: Es waren fast alles politische Gefangene in diesem Stasi-Gefängnis.

Die offensichtlichen, physischen Foltermethoden in den Anfängen von Hohenschönhausen, in den 1950er, 1960er Jahren durch bspw. winzig kleine (Steh-)Zellen, Dunkelhaft und Schlafentzug ("Wie kann man es hier drin nur aushalten?", so eine Schülerin) wurden später abgelöst durch Demütigung, psychische Folter und stundenlange Verhöre mit Methoden und Fragetechniken, die sich nur ein zutiefst misstrauischer Staat ausdenken konnte, der sich seiner Bürger nie sicher sein konnte. 

Eine unserer Klassen hatte das große Glück, von Karl-Heinz Richter umhergeführt worden zu sein, der als Jugendlicher einen waghalsigen, missglückten Fluchtversuch aus der DDR unternommen hatte und wenig später festgenommen worden war.

Schifffahrt auf der Spree

Am Abend wurde es nach dem bedrückenden Besuch in Hohenschönhausen jedoch wieder entspannter: eine zweistündige Schifffahrt im Zentrum Berlins führte uns an den Ufern der hell erleuchteten Spree entlang und vorbei an der Museumsinsel mit ihren vielen Museen, am Reichstagsgebäude und dem Regierungsviertel vorbei bis zur "schwangeren Auster", wie die Berliner ihre Kongresshalle am Spreeufer liebevoll-spöttisch nennen. Im Bundeskanzleramt brannte auch noch überall Licht, bereitet sich unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel doch sicherlich auf die schwierigen "Jamaika-Verhandlungen" vor, die die Bundestagswahl vor gut drei Wochen ins Land brachte... 

Jetzt wird's politisch...

Einige Klassen besuchten am nächsten Tag natürlich auch den Bundestag mit Führung in den Plenarsaal und Besuch der markanten gläsernen Kuppel und lernten beim Besuch des Bundesrats im Rollenspiel die Entstehung eines Gesetzes kennen. Das ist dort - im altehrwürdigen Gebäude des preußischen Herrenhauses -  eine ganz andere Atmosphäre als in der Schule, wenn man genau da, wo auch die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer oder ihre Abgeordneten in den Ausschüssen tagen, ebenfalls sitzt, grübelt und diskutiert und im Anschluss mit Mikrofon und am Stehpult mit dem Bundesadler vorne drauf die Argumente für oder gegen einen Gesetzentwurf, zum Beispiel zum Thema "Führerschein ab 16?", darlegt. 

Die Geschichte des bis 1989 geteilten Berlins und des Kalten Krieges konnten wir am Checkpoint Charlie nachempfinden und in der Ausstellung "Topographie des Terrors" nur ein paar hundert Meter vom ehemaligen Grenzübergang entfernt ging es in die dunkle Zeit des Nationalsozialismus' zurück.

Geister im "Dungeon" und Stars in "Madame Tussauds"

Nach so viel Bildung und Kultur strebten die meisten aus der Stufe zu einem etwas höheren Adrenalinspiegel ins "Dungeon", das am Donnerstagnachmittag auf dem Programm stand und die 800 Jahre alten, düsteren und gruseligen Seiten der Berliner Geschichte zum Thema hatte. Auch dies war, wie die etwas weniger "schreckliche" Alternative des Wachsfigurenkabinetts "Madame Tussauds", ein Angebot für den gesamten Jahrgang, das wegen der Größe der Gruppe wiederum zeitversetzt stattfand.

Und Kultur gab's auch noch...

Das Kabarett-Theater Distel und die tolle Vorstellung des Theaterstückes "Tschick" - bekannt aus dem Deutschunterricht - bei den Kammerspielen des Deutschen Theaters ließ die Schüler in die ungewohnte und fremde Welt des Theaters eintauchen ("Haben die Schauspieler das alles auswendig gelernt?"), ein Grund mehr, den Rahmen einer Klassenfahrt auch für ein solches Stück Kulturgut zu nutzen.

Kreuz und quer auf eigene Faust durch Berlin zum Shoppen und Essen

Neben den einzelnen Programmpunkten blieb jedoch noch genügend Zeit für Erkundigungen auf eigene (Schüler-)Faust. Dies hieß zunächst einmal, selbstständig mit den Zeiten, Zeitspannen und Fahrplänen der U- und S-Bahnen, der Trams und Busse zurechtzukommen, wenn man von A nach B wollte und dann auch noch Treffpunkte und Zeiten einhalten sollte. Gar nicht so einfach für uns "Kleinstädter" in der für viele unserer Schüler unbekannten Millionenstadt Berlin! Doch nach und nach wurde auch diese Hürde im Großen und Ganzen "gewuppt". Natürlich stand in der Freizeit vor allem Essen und Shoppen auf dem Plan: Der Kurfürstendamm - oder Ku'Damm - , das Hardrockcafé und vor allem die Mall of Berlin waren da die ganz großen "Renner"... 

Nach einer anstrengenden, aber schönen und sehr erlebnisreichen Woche in Berlin mit wenig Schlaf ging es am gestrigen Freitag, passend zum Herbstferienbeginn, wieder ins kleine, beschauliche Werl zurück. 

"Berlin ist immer eine Reise wert!"

 

 

zurück