Mo Asumang zu Gast an unserer Schule

Erstellt von S. Seeger |

Die bekannte Moderatorin und Dokumentarfilmerin Mo Asumang beeindruckt mit ihrem Film "Die Arier".

Im Rahmen unseres Projektes "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" war heute Nachmittag in Zusammenarbeit mit dem kommunalen Integrationszentrum des Kreises Soest die Moderatorin und Filmemacherin Mo Asumang aus Berlin zu Gast in der Dreifachhalle und beeindruckte unsere Jahrgänge 9 und 10 mit ihrer offenen, lebendigen, starken und natürlichen Persönlichkeit.

Mit ihrem Dokumentarfilm "Die Arier" - auch mit ihrem Buch - macht es sich Mo Asumang zur Aufgabe, in Schulen die Jugendlichen mit dem "Ariergedanken" der Nazis und Rassisten zu konfrontieren, um dann aber eindrucksvoll in ihrem Film aufzuzeigen, wie weit der Irrglaube verbreitet ist, die Arier seien eine "deutsche Herrenrasse", bevorzugt groß, blond und blauäugig und hätten die Macht und Stärke, sich über "Nicht-Arier" zu erheben. Die Wahrheit ist eine ganz andere...

"Ich bin für euch in die Höhle des Löwen gegangen..."

Welche Motive bewegten die Afrodeutsche, wie sie sich selbst nennt, zur Auseinandersetzung mit  Neonazis und Rassisten, mit rechtem Gedankengut, wie kam es zum Drehen dieses Dokumentarfilmes?

Nach Morddrohungen der Band "Weiße arische Rebellen" ihrer Person gegenüber möchte Mo Asumang als Kind eines afrikanischen Schwarzen und einer Deutschen den "Stier bei den Hörnern packen" und mit den Rassisten sprechen, sie und ihre Denkweise kennenlernen, sich nicht weiter demütigen lassen und das "Schubladendenken", sowohl das der Nazis wie auch ihr eigenes, aufbrechen.

Alle dreißig Minuten geschieht eine rechtsextreme Tat in Deutschland und sie möchte dagegen ankämpfen, aufklären. "Vielleicht sollte ich mal mit den Rassisten spechen", so ihr Gedanke, aber die wollen nicht mit ihr sprechen, zumindest nicht "im Pulk", unter ihresgleichen, auf Demonstrationen. Hier wird sie, die rein äußerlich so offensichtlich nicht dem "arischen" Bild der Nazis entspricht, in entwürdigender Art und Weise angefeindet, verachtet und beleidigt, wie man im Film sehen wird.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Moderatorin nach einer kurzen Einleitung ins Thema ihren in der Schulfassung auf eine Dreiviertelstunde gekürzten Film so ankündigt: "Ich bin für euch in die Höhle des Löwen gegangen, seht selbst..."

Sind die Großeltern Asumangs "Arier"?

Zu Beginn des Filmes wird deutlich, dass auch Asumangs Großeltern den Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg dienten: Fotos zeigen ihre Großmutter Charlotte als Schreiberin bei der SS, ihren Großvater Werner "mit drei Hakenkreuzen an seiner Uniform" als Soldat unter Hitler. "Und natürlich waren meine Großeltern mütterlicherseits beide sogenannte 'Arier'", wie sie im Film zitiert. Sie besitzen den sogenannten "Ahnenpass", volkstümlich auch "Arierausweis" genannt. Dieses Wissen, das die Moderatorin erst "seit kurzem" hat, mag ebenfalls dazu beigetragen haben, sich mit dem Thema Nationalsozialismus, Rassismus und "Ariertum" zu beschäftigen.

Ihre mittlerweile 93-jährige jüdische Freundin Esther Bejarano, die im Film zu Wort kommt, sieht in Mo Asumangs Bemühen um Reden, Neugier und Auf-die Nazis-zugehen keinen wirklichen Sinn: "Ich weiß nicht, was du dir mit dieser Geschichte versprichst", sie - deren Eltern von den Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg umgebracht wurden und sie selbst in Ausschwitz war - will mit den Nazis nichts zu tun haben und kann ihnen auch nicht verzeihen. Sie kämpft mit anderen Mitteln gegen rassistische Gewalt: Sie steht auf der Bühne, spielt und singt gegen rechts, wie die Moderatorin im anschließenden Gespräch mit den Schülern erzählen wird. Sie, Mo Asumang, sei jedoch eine andere Generation: Sie will wissen, was Nazis umtreibt.

Die "Arier" sind keinesfalls "deutsch"

Mo Asumang erhält durch ihre intensiven und jahrelangen Recherchen zu diesem Thema ein so umfangreiches, neues Bild der "Arier", dass ihr dieses Wissen die Kraft geben kann, mit rassistischen Anfeindungen besser umzugehen. Denn ihre Haupterkenntnis lautet: Die "Arier" sind nicht deutsch und haben rein gar nichts mit Deutschland zu tun: 

Die wirklichen "Arier" leben schon seit 2500 Jahren im heutigen Iran (wörtlich übersetzt: "Land der Arier"), dem damaligen Persien, dort findet man die in Stein gemeißelte Inschrift des damaligen Königs Dareios I. und seinen Verweis auf das arische Volk, ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo nichts dergleichen über die dortigen selbsternannten "Arier" geschrieben steht, außer in Hitlers Rassenideologie...

Mo Asumang reist in den Iran, konfrontiert die iranischen, friedliebenden und freundlichen Bewohner im Interview mit dem Rassegedanken Adolf Hitlers und erntet nur Kopfschütteln und Unverständnis. Übersetztes, vielsagendes Zitat eines im Iran lebenden Arier: "Kurz gesagt: wir Arier denken, Hitler war verrückt!" 

Rassenwahn in den USA

Nicht nur in Deutschland herrscht Irrglaube, was die Entstehung und das Aussehen der vermeintlichen "Arier", der "deutschen Herrenrasse" angeht, auch in den USA gibt es rassistisches Gedankengut, etwas wenn Mo Asumang sich in Amerika um Mitternacht an einem Feldweg mit einem weiß gekleideten und mit der typischen Gesichtskapuze vermummten Angehörigen des 1865 gegründeten Ku Klux Klan verabredet. Auf die Frage Asumangs, wieso sie sich denn unkenntlich machen und Kreuze anzünden würden, antwortet der anonyme Klan-Angehörige, dass dies aus Überzeugung und aus Liebe zu Jesus Christus geschehe. Auf die Anmerkung der Afrodeutschen, dass aber Jesus auch die Schwarzen liebe, herrscht... Schweigen... keine Antwort.

Sie trifft in Amerika auch auf den Hassprediger, Radiomoderator und früheren Anführer des Ku Klux Klans Tom Metzger, der Mo Asumangs Vater vorwirft, er habe "Gen-Klau" betrieben, indem er mit einer weißen Frau ein Kind, eben Mo Asumang, bekommen habe und es damit zur "Rassenvermischung" gekommen sei, sie in den Zoo gehen solle, dort sehe sie ihre Herkunft.

Die Filmemacherin interviewt Dr. Axel Stoll, einen Verschwörungstheoretiker, der die Arier aus Ufos entsteigen sieht, vom Planetensystem Aldebaran kommend und abstruse Vorstellungen über die Herkunft der arischen Rasse vertritt.

... und ein Hoffnungsschimmer zum Schluss

Mo Asumang betritt in ihrem Film also wirklich "die Höhle des Löwen", doch gegen Ende lernen wir Chris kennen, einen jungen Nazi-Mitläufer, dessen Welt schon in frühen Jahren durch diese Ideologie  eingeschränkt und beschwerlich geworden ist, der aussteigen will. Ein Hoffnungsschimmer zum Schluss des Filmes...

Fragen an Mo Asumang im Anschluss des Films

Während der Vorführung war es in der Schülerschaft sehr ruhig, dem Film gelang es, in den Bann zu ziehen und zu fesseln, was man im Anschluss auch an den vielen Fragen merkte, die die Schüler stellten: Beispielsweise ob sie noch Kontakt habe zu Esther und Chris - was sie bejahte - oder wie sie sich fühlte beim Ku Klux Klan - anfangs verunsichert und ängstlich, durch das Fragenstellen aber zunehmend sicherer geworden sei und die Person hinter der Vermummung langsam besser kennengelernt habe. Sowieso: "Reden ist wie ein Waffe."

Nachfragen, sich interessieren, neugierig werden und bleiben, auf Neonazis und Ideologen zugehen und ihnen in die Augen blicken ist jetzt ihr Motto, nicht mehr wie früher "die Straßenseite wechseln, wenn mir ein Nazi entgegenkommt", das sind ihre heutigen "Waffen" im Kampf gegen den Rassismus und um ihre eigene "Mitte", ihr Selbstbewusstsein, nicht zu verlieren.

Das Gespräch suchen und "Sich-zeigen" führten sogar in Einzelfällen so weit, dass sie während der Dreharbeiten ein zögerliches Lächeln eines Neonazi-Demonstranten in Gera erhielt, auch wenn ihm dies von seinen "Kameraden" verboten wird. Auch Selfies mit Rassisten entstanden, obwohl diese teilweise so aggressiv waren, dass ein männlicher Kameramann wegen körperlicher Übergriffe und daraus folgender psychischer Belastungen deswegen nicht mehr filmen konnte. Daher übernahmen im Laufe des Drehs Frauen die Kamera, denen gegenüber die Demonstranten etwas friedlicher gestimmt waren, wie Asumang im Gespräch mit den Schülern schilderte.

Die Filmemacherin hätte noch so viel mehr erzählen können und die Fragen waren noch nicht zu Ende gestellt, als die Veranstaltung dennoch schließen musste; die Busse warteten nicht...

Mit einem herzlichen Applaus und sicherlich ganz viel Respekt und Anerkennung für ihre Arbeit wurde Mo Asumang schließlich verabschiedet. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie man mit Zivilcourage, Mut und Wissen friedlich, offen und redegewandt der Engstirnigkeit, Intoleranz und dem Nicht-Wissen zumindest ein klein wenig Einhalt gebieten und Veränderung bewirken kann. Vor allem, wenn man es wie Mo Asumang macht: junge Menschen in Schulen "hautnah" und aus erster Hand an Erlebnissen mit dem unsäglichen Rassenwahn teilhaben zu lassen, ohne "erhobenen Zeigefinger", einfach durch Asumangs Leben und ihre Geschichte.

 

Lesen Sie dazu auch den Artikel des Soester Anzeigers vom 13.10.2017.

 

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